Neue Bibliothek St. Gallen

Neue Bibliothek St. Gallen

© BFM
© Bruno Fioretti Marquez

› 2021, Erläuterungsbericht zum Beitrag des Architekturbüros Bruno Fioretti Marquez für den Wettbewerb «Neue Bibliothek St. Gallen».

 

› Texterstellung Erläuterungsbericht: 9’300 Zeichen

 

› Redigieren der von den Fachplanern erstellten Texte: 5’200 Zeichen

 

Mehr Informationen sind auf der Webseite der Architekten zu finden.

Textauszüge:

 

Der Umgang mit Zeit

Die Bibliothek ist ein Ort, an dem der Lauf der Zeit in vielfältiger Weise wahrgenommen wird: Sie wird für die Archivierung gebremst, für die Forschung beschleunigt und beim Geschichtenerzählen angehalten. Bibliotheken sind Zukunfts- und Vergangenheitsmaschinen. Der Umgang mit Zeit ist die Essenz der Bibliotheken.

 

Die neue Kantons- und Stadtbibliothek St. Gallen ist umgeben von Geschichte und zugleich von Fortschritt. Sie steht an einer wichtigen Schnittstelle: nur wenige Gehminuten entfernt von Geschäftszentrum und Bahnhof sowie vom künftigen neuen Standort der Universität am Platztor und vom Kloster St. Gallen, einem frühmittelalterlichen Zentrum der Schriftkultur. Der neue Bibliotheksanbau ordnet sich an diesem sensiblen Ort in die stadträumliche Situation ein und stellt eine Verbindung zum bestehenden Hauptgebäude der «Union» her. Auf den älteren Zeitzeugen wird Rücksicht genommen, ohne die Chance zu verpassen, selbst – auf ähnlich schlichte Weise – zum Zeitzeugen zu werden. [ …]

 

Die auskragende Arkade

Am südlichen Ende des Gebäudes stellt eine Fussgängerpassage eine direkte Verbindung zum Marktplatz her. Der Blick durch die Passage offenbart verschiedene Bars und Cafés mit gemütlichen Sitzgelegenheiten. Zurück unter dem Haus Union geht der Besucher bis ans Ende der Arkade. [ …]

 

Zusammenführung der Akteure

Noch vor der Auskragung eröffnet sich auf der rechten Seite eine keilförmige Nische vor einem mehrstöckigen, gläsernen Verbindungsstück, das das Unionsgebäude mit dem Neubau verbindet. Im Parterre markieren grosszügige Glastüren den Eingang zur Bibliothek. Velofahrer können hier ihren Drahtesel abstellen. Das Zusammentreffen zweier Epochen erzeugt eine spannungsvolle Wirkung. Die Gebäude kontrastieren sich, stärken sich aber zugleich gegenseitig.

 

Das transparente Parterre

Nur ein Glasvorhang trennt den Eingangsbereich und den Stadtraum. Weiter hinten sitzen Jung und Alt im Bibliothekscafé; die einen vertieft in Zeitungen, die anderen im Gespräch. Die Glasfassade zeichnet ein durchgehendes Fünfeck. Der Innenraum im Erdgeschoss ist fliessend, ohne störende Stützen oder Wände. Alle sekundären Nutzungen sind in einem zentralen Betonkern untergebracht. [ …]

 

Verwandt und doch eigenständig

Die prominente, etwas erhöhte Lage der Bibliothek ist von der Mitte des Marktplatzes aus zu sehen. Die architektonische Verwandtschaft zwischen Neu- und Altbau ist deutlich erkennbar. Wie beim Unionsgebäude sind Erdgeschoss und Attika des Neubaus zurückgesetzt und brechen so die Höhe des Gebäudes. Ebenfalls übernommen wurde das auskragende Dach. Es entsteht eine Dreiteilung in Sockel-, Mittel- und Dachbereich. Die pentagonale Grundform des neuen Bibliotheksbaus erinnert an Klassiker aus der Entstehungszeit des Unionsgebäude. Das hölzerne, auskragende Walmdach und die vertikale Akzentuierung durch Stahlseile können auch als Anlehnung an die regionalen, ortsprägenden Baudenkmale der Hängetürme verstanden werden. Sie sind Symbol der für die für St. Gallen prägende Zeit des Textildrucks, die auch zur Entstehung des Unionshauses führte.

 

Die Eigenständigkeit des Neubaus wird durch seine Materialität unterstrichen. Die transparente Fassadengestaltung steht für Offenheit und gewährt Einblicke, wodurch ein lebendiger Ort in der Stadt entsteht. [ …]

 

Wege durch die Bibliothek

Das erste Geschoss bildet das öffentliche Wohnzimmer der Stadt mit zahlreichen Ausblicken ins Freie. Mit Zeitschriften, Multimediabereichen und vielen gemütlichen Sitzgelegenheiten ist es besonders bei Erwachsenen beliebt. Im Altbau ist der Raum weniger tief, dafür ist die unmittelbare Nähe zum Bibliothekspersonal wertvoll.

 

Über eine Passerelle gelangt man in das neue Gebäude. Eindrucksvoll sind der grosse lichtdurchflutete und stützenfreie Raum und der hohe Bücherturm, der auf allen Geschossen um den Betonkern angeordnet ist. Das Treppenhaus im Gebäudekern führt nach oben. Im zweiten Obergeschoss befindet sich das Reich der Kinder mit einem zweigeschossigen Veranstaltungsraum im Herzen des Neubaus. [ …]

 

Die Holzkrone für Literatur

Begegnung und Interaktion bestimmen in beiden Gebäuden das Dachgeschoss. Der Altbau bietet eine Vielzahl von Räume für Vorträge, Diskussionsrunden und Workshops. Die Krönung findet im Neubau statt: Eine inszenierte Holzdachkonstruktion überspannt den Raum für Literatur. Rundherum befindet sich ein grosszügiges Raumband, das bei Veranstaltungen als Foyer, Garderobe und Catering genutzt werden kann. Dieser Bereich ist über einen Warenlift mit dem Erd- und Untergeschoss verbunden. [ …]

 

Unerwartet reiche Unterwelt

Die Unterwelt der Bibliothek ist für die Besucher nur im weitläufigen Freihandmagazin erfahrbar. Das Bibliothekspersonal erhält Zugang zu einer Vielzahl von Lager-, Neben- und Archivierungsräume. Das oberirdische Volumen wurde auf ein Minimum beschränkt, um eine städtebauliche Integration im historischen Kontext zu ermöglichen. Auf die Unterbauung des Bestandes (2.UG) kann bei einer partiellen Bestandsauslagerung verzichtet werden. [ …]

 

› 2021, Erläuterungsbericht zum Beitrag des Architekturbüros Bruno Fioretti Marquez für den Wettbewerb «Neue Bibliothek St. Gallen».

 

› Texterstellung Erläuterungsbericht: 9’300 Zeichen

 

› Redigieren der von den Fachplanern erstellten Texte: 5’200 Zeichen

 

Mehr Informationen sind auf der Webseite der Architekten zu finden.

Webseite der Architekten

© Bruno Fioretti Marquez