Neubau Garderobengebäude Juchhof

Neubau Garderobengebäude Juchhof

© Daniel Hässig Architekten erstellt durch studio blomen

© Daniel Hässig Architekten erstellt durch studio blomen

© Daniel Hässig Architekten

© Daniel Hässig Architekten

© Daniel Hässig Architekten

› 2022, Erläuterungsbericht zum Beitrag des Architekten Daniel Hässig für den Projektwettbewerb im offenen Verfahren «Neubau Garderobengebäude Juchhof 3», Pilotprojekt «Einfach Bauen». Ich gratuliere Daniel Hässig zum dritten Preis!

 

› Texterstellung Erläuterungsbericht Stufe 1: 5’000 Zeichen

 

› Texterstellung Erläuterungsbericht Stufe 2: 17’500 Zeichen für den Fliesstext und 3’000 Zeichen für die Beschriftung der Axonometrie

 

Mehr Informationen sind auf der Webseite des Architekten zu finden.

 

Die Visualisierungen wurden von studio blomen erstellt.

Fliesstext Stufe 2:

 

Auf dem Juchhof III dreht sich alles um Teamgeist, Gemeinschaftssinn und das richtige Klima.

 

Das Sportfeld als Bühne

Das Gelände der Sportanlage Juchhof III im zürcherischen Altstetten erstreckt sich zwischen Bahngleisen, Schnellstrassen und Schrebergärten. Die Geräuschkulisse ist so heterogen wie das Umfeld selbst: vom Familienfest im benachbarten Kleingarten über das Kurvenquietschen von Zügen bis hin zum lauten Jubel vor den Sportplätzen. Die Sportbegeisterten versammeln sich um die drei Rasensportfelder auf dem drei Hektar grossen Areal. Einige Zuschauer haben es sich auf schattigen Sitzbänken unter den älteren und jungen Bäumen, die die Sportanlage schützend umsäumen, bequem gemacht. Viele weitere haben sich auf der langen Holztribüne versammelt, die sich direkt vor dem nördlichen Sportplatz befindet. Hier fiebern sie beim laufenden Fussballspiel kräftig mit.

 

Holzbau mit Kultcharakter

Die beliebte dreistufige Zuschauertribüne erstreckt sich vor der Längsfassade des neuen Garderobengebäudes. Auf zwei Stockwerken erfüllt das Gebäude seine schützende Funktion für Sportler:innen, die sich umziehen oder die Sanitäranlagen nutzen wollen. Nach aussen hin wirkt das Haus introvertiert. Allerdings ist auf der Tribüne, im Foyer und in den umlaufenden Laubengängen immer etwas los. Die Geschlossenheit des Baukörpers wird aufgewogen durch die einladende Wirkung des Holzes, das ihn umhüllt. Spielerisch sind die Fassaden aus dem lokalen Naturbaustoff mit einem Rautenmuster lasiert. So zeigt der Bau mit Stolz, dass es möglich ist, klimafreundlich und zugleich ausdrucksstark zu sein.

@ Daniel Hässig Architekten erstellt durch studio blomen

Umweltschonende Anlage

Der horizontale Baukörper mit seiner identitätsstiftenden Fassadenornamentik besticht mit einem weiteren Blickfang: sieben Dachstrukturen, bedeckt mit Solarzellen, krönen den Holzbau. In der nordwestlichen Ecke des Areals platziert, gewährleistet es die normgerechte Umsetzung der drei flankierenden Rasensportfelder. Kaum sichtbar, wird unter dem Garderobengebäude ein grosser Wassertank gehütet, der mit Wasser aus dem nahe gelegenen Bach gefüllt ist und zur Rasenbewässerung eingesetzt wird. Die verdeckte Unterbringung wird durch die Anhebung des Garderobenbaus um 1,5 Meter über dem Geländeniveau ermöglicht, was vor allem dem Hochwasserschutz dient. Der daraus resultierende schwebende Eindruck wirkt sehr passend für das ephemere Holzbauwerk.

 

Ankunft vor der wärmenden Säule

Ein Wegenetz rund um die Sportfelder bietet die allseitige Erreichbarkeit des Garderobenhauses für Fussgänger und Velofahrer. Vor der West- bis zur Südfassade erstreckt sich ein L-förmiger Vorplatz. Von diesem frequentierten Treffpunkt aus führen einige Stufen oder eine Rampe auf die erhöhte Veranda. Ein breiter Durchgang im Herzen des Bauwerks führt zur Zuschauertribüne. Dieser Bereich kann durch Schiebetüren offen oder geschlossen gehalten werden und ist ein Ort der Zusammenkunft. Eine überaus kräftige Säule beherrscht dieses Foyer: sie stellt einer der drei Motoren des Hauses dar. Genauer gesagt handelt es sich um ein ausgeklügeltes Strom- und Heizsystem, dessen kreisförmige Gestaltung durch eine Metallplatte geschützt ist. Das Element fällt nicht nur optisch auf, sondern je nach Jahreszeit auch durch seine strahlende Wärme, die umso spürbarer ist, je näher man herantritt.

@ Daniel Hässig Architekten erstellt durch studio blomen

Zwiebelförmige Raumanordnung

Von den gedeckten Laubengängen aus führen zwei Wendeltreppen in das Obergeschoss. Unterbrechungen des Rautenmusters markieren hier die Eingänge zu den Garderoben. Hinter Doppeltüren in Camouflage sind die Garderobenwagen untergebracht, die sowohl vom Gang als auch von innen zugänglich sind. Vom unbeheizten Erschliessungsbereich gelangen die Sportler:innen in den wohlig warmen Umkleideraum. Im rückwärtigen Bereich, hinter einem Vorhang, befindet sich der geräumige Duschraum mit einer auffallend abgerundeten Ecke. Wie im Foyer gilt: Je näher man der geschwungenen Wand kommt, desto wärmer wird es. Der Wärmebedarf der Räume legt die zwiebelförmige Anordnung fest. Der Duschraum bildet dabei den Kern.

© Daniel Hässig Architekten

Räumliche und atmosphärische Wärme

In der Gemeinschaftsdusche ist nicht nur die runde Wandheizung mit Metall verkleidet, sondern der gesamte Raum. Die Oberflächen wärmen sich beim Duschen äusserst rasch auf und sorgen so für ein Wohlfühlklima. Durch ein Oberlichtband gelangt Licht in den Raum, das sich an den Wänden leicht spiegelt. Auch der introvertierte Ankleideraum erhält sein stimmungsvolles Licht von oben: das lange Dachfenster leitet gezielt Sonnenlicht in das Innere. Der gesamte Garderobenraum ist mit Massivholz gestaltet, wodurch Behaglichkeit entsteht. Einige Zeit, nachdem der Duschraum nicht mehr benutzt wird, öffnen sich die Dachfenster automatisch, was zu der notwendigen Durchlüftung und Entfeuchtung führt. In der Garderobe sorgen Sensoren für einen ähnlichen Mechanismus und damit für eine optimale Nachtauskühlung in den Sommermonaten.

 

Effizienz, Modularität und Erweiterbarkeit

Dank der fensterlosen Fassaden sind die Gebäudebesucher vor Einblicken geschützt. Zudem reduzieren die Geschlossenheit, der hohe Dämmstandard sowie die Kompaktheit des Gebäudes den Wärmeverlust. Die effiziente Raumorganisation ist durch ein modulares Bausystem des Holzrahmenbaus gegeben. So werden im Obergeschoss vier Garderobeneinheiten zu je einem Modul zusammengefasst. Eine Einheit besteht aus einem Duschraum, einem Umkleideraum und einem Bereich für die Garderobenwagen. Vier Einheiten sind jeweils um einen zentralen Heizkörper angeordnet, das wiederum das Zentrum eines Moduls bildet. Zwölf Garderoben oder drei Module stehen insgesamt zur Verfügung. In südwestlicher Richtung kann das Garderobengebäude um ein weiteres Modul ergänzt werden.

 

Suffizienzdenken

Die Modularität des Holzbaus begünstigt die Vorfertigung und damit die Kosteneffizienz und die optimale Planung aller Lebensphasen des Bauvorhabens. Auch eine kurze Bauzeit kann dadurch gewährleistet werden. Das dominierende Baumaterial ist Holz, wobei die Konstruktion durch Holznägel zusammengehalten wird. Ein schönes Detail, das dafür sorgt, dass das Holz beim Rückbau kompostiert oder wiederverwendet werden kann. Beim Neubau des Garderobengebäudes wurde penibel darauf geachtet, dass es vollständig schadstofffrei und kreislaufgerecht gestaltet wurde. Um so wenig wie möglich zu verbauen, wurde auch jedes einzelne Bauteil überdacht und sein Potenzial für kombinierte Funktionen ausgeschöpft. So zu sehen an den drei technischen und wärmenden Säulen, um die sich alles dreht.

Ausschnitt Axonometrie © Daniel Hässig Architekten

Heizen mit dem Hypokaustum und Just-in-Time

Im Zentrum von vier Garderobeneinheiten befindet sich jeweils ein Warmwasserboiler, der von einem ringförmigen Luftkammersystem umschlossen ist. Die Lage des Boilers führt zu äusserst kurzen Warmwasserleitungen für die Duschen. Ein Wärmerückgewinnungssystem innerhalb der Duschrinnen optimiert den Warmwasserverbrauch. Zugleich wird die Abwärme des Boilers für eine Warmluftheizung genutzt, die ohne Heizleitungen auskommt. Diese basiert auf dem 20 Jahrhunderte alten Hypokausten-Prinzip, bei der warme Luft durch Wandelemente strömt. Im Gegensatz zum historischen System wird zugunsten einer Just-in-Time-Justierung auf eine träge, schwere Speichermasse verzichtet. Zur Warmwasseraufbereitung wird eine Wärmepumpe eingesetzt. Sie ist direkt über dem Boiler angebracht und wird mit der von der darüber liegenden PV-Anlage erzeugten Energie betrieben. Die Abwärme des Boilers wird in einem Zweikammer-Hohlraumsystem gespeichert und über ein Klappensystem und die aufgewärmte Metallwandverkleidung an den Innenraum abgegeben. Das äusserst rasche Aufheizen der Luft sorgt für den erforderlichen Just-in-time-Betrieb. Darüber hinaus stellt die verbrauchsoptimierte Steuerung eine optimale Auslastung der PV-Anlage sicher. In den Sommermonaten ohne Heizbedarf bleiben nach Bedarf die Klappen geschlossen und die Abwärme der Wärmepumpen wird zur Kühlung genutzt.

 

Nachtauskühlung und Innenraumklima
Dank der mechanischen Steuerung der Oberlichter über Feuchte-, Temperatur- und CO2-Sensoren wird für eine automatische Belüftung und Entfeuchtung und damit für eine optimale Nachtauskühlung in den Sommermonaten gesorgt. Wenn mehr Nachtauskühlung benötigt wird, können die Türen zu den Garderoben offen gelassen werden, da das Obergeschoss durch die abschliessbaren Wendeltreppen gesichert ist. Die Verschattungen durch die umlaufenden Laubengänge tragen dazu bei, dass sich das Gebäude weniger aufheizt. Die Materialisierung der einzelnen Bereiche verhilft zu einem angemessenen Raumklima: So ist der Duschraum mit Metall und der Garderobenraum mit Holz verkleidet. Im Gegensatz zu Holz hat Metall eine geringe Wärmespeicherkapazität. Dadurch kann die Luft in den Duschen nach dem Entlüften der Feuchtigkeit bei Bedarf schnell wieder erwärmt werden. Im Garderobenraum hingegen wird die Wärme im Holz gespeichert, was zu einem angenehmen Raumklima beiträgt.

© Daniel Hässig Architekten

Reines Holz und konstruktive Ornamentik
Der gesamte Wandaufbau besteht aus unverleimten Vollholzelementen und Nadelholzresten, die zu Holzschnitzeln verarbeitet und direkt als Einblasdämmung oder als im Nassverfahren gepresste Weichfaserplatten ohne Leimzusatz verwendet werden können. Die diagonale Anordnung der Vollholzriemenschalung nimmt die horizontale Aussteifung auf und verleiht dem Gebäude ein identitätsstiftendes konstruktives Ornament. Die mechanischen Verbindungen der Holzelemente erfolgen mittels Buchenholznägeln. Die Vollholzriemen an Wand und Boden können für die Instandsetzung einfach abgeschliffen, der Boden überdies einfach ausgetauscht werden. Das verwendete Holz kann nach Ablauf der Lebensdauer des Gebäudes entweder wiederverwendet, kompostiert oder CO2-neutral in einem Biomasseheizkraftwerk zur Wärmeerzeugung genutzt werden. Das reine Vollholz ist für die vorgesehene Lebensdauer von 60 Jahren und mehr ausgelegt.

 

Cradle-to-Cradle – Re-Use – Suffizienz
Für das Garderobengebäude wird der konventionelle Holzrahmenbau überdacht: Statt Holzwerkstoffplatten kommen Diagonalschalungen und Vollholzriemenschalungen zum Einsatz, statt Metallbeschlägen historische Holz-Holzverbindungen und moderne Buchholznägel. Holzeinblasdämmung und Massivholzbalken ergänzen die kreislauffähige Konzeption. Für die Fundamente werden genormte Stahlrammpfähle verwendet. Es entsteht ein zukunftsfähiger Bau, der dank moderner Technik und durchdachter Planung den Anforderungen der Nutzung, der Bauphysik, des Brandschutzes und der Statik vollumfänglich gerecht wird. Darüber hinaus sorgen kurze Spannweiten und effiziente, modulare Raumaufteilungen für einen suffizienten Baustoffeinsatz. Durch die Bündelung des Heizungs-, Strom- und Abwassersystems ist die konsequente Systemtrennung von biologischen und technischen Kreisläufen gegeben. Alle Bauteile können einem neuen Kreislauf zugeführt werden, entweder durch Wiederverwendung, Recycling oder Kompostierung, und behalten dabei ihren ökonomischen Wert.

 

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› 2022, Erläuterungsbericht zum Beitrag des Architekten Daniel Hässig für den Projektwettbewerb im offenen Verfahren «Neubau Garderobengebäude Juchhof 3», Pilotprojekt «Einfach Bauen». Ich gratuliere Daniel Hässig zum dritten Preis!

 

› Texterstellung Erläuterungsbericht Stufe 1: 5’000 Zeichen

 

› Texterstellung Erläuterungsbericht Stufe 2: 17’500 Zeichen für den Fliesstext und 3’000 Zeichen für die Beschriftung der Axonometrie

 

Mehr Informationen sind auf der Webseite des Architekten zu finden.

 

Die Visualisierungen wurden von studio blomen erstellt.